Die Veröffentlichung seines letzten Studioalbums mag zwar stolze 14 Jahre zurückliegen – doch über einen Mangel an Ideen konnte sich Michael Bolton in dieser Zeit gewiss nicht beklagen.
Schließlich hat der auch bei den Emmys nominierte GRAMMY-Gewinner zwischenzeitlich nicht nur an etlichen musikalischen Projekten mitgewirkt, sondern auch seine Comedy-Skills regelmäßig unter Beweis stellen können. Allein als „Jack Sparrow“ für die Comedy-Band The Lonely Island konnte er seit 2011 richtig viele Menschen zum Lachen bringen – das belegen knapp eine Viertelmilliarde Views bei YouTube. Auch sonst war er quasi omnipräsent: Mal als Stargast in Komödien wie „Two And A Half Men“ oder „Fresh Off The Boat“, mal in Werbespots für Honda, Pizza Hut oder Walmart, schließlich auch beim US-amerikanischen „Masked Singer“. Mit Zooey Deschanel brachte er das legendäre „Dating Game“ zurück ins US-TV und legte auch hier den Schwerpunkt auf die Musik. Anders gesagt: Eigentlich war immer klar, dass sich der Sänger, Songwriter und Produzent auch musikalisch irgendwann wieder zu Wort melden würde.
Jetzt ist dieser Moment gekommen – mit Spark of Light. 10 lebensbejahende neue Songs, in denen klassisches Songwriting auf zeitgenössische Sounds trifft. Aufgenommen hat Bolton sie mit vielen jungen Talenten. „Dieser Spark of Light, dieser leuchtende Funke steht eigentlich für alles, womit er in Kontakt kommt: positive Energie, Hoffnung, neues Glück“, so Bolton über das Album. „Ganz viele verschiedene Elemente, Erlebnisse und auch ganz viele Talente kommen da zusammen.“
Offen für neue Einflüsse und neue Richtungen war Bolton schon immer. Und er ist damit ja auch immer gut gefahren in den letzten 50 Jahren: Über 65 Millionen Alben hat der Mann aus Connecticut verkauft; sechs Mal gab’s gleich mehrfaches Platin daheim und gleich acht #1-Hits in den Billboard-AC-Radiocharts. Seine Kompositionen wurden von vielen anderen Größen aufgenommen – u.a. von Barbra Streisand, Cher, KISS und Kenny Rogers. Dazu hat er mit Bob Dylan gearbeitet und wurde von Jay-Z und Kanye West als Samplequelle angezapft. Die Aufnahme in die Songwriters Hall of Fame ist nur die Speerspitze einer langen Liste von Awards und Preisen, meistens für die Musik, häufig auch für sein Engagement – für mehr soziale Gerechtigkeit.
Kurzum: Michael Bolton zählt ganz klar zu den Superstars der Popwelt – hat aber doch kaum Interesse an Rückschau, sondern will immer wieder neu begeistern. „Es gibt doch immer etwas Neues zu entdecken – und wenn ich das Gefühl habe, ‘das hab ich noch nie gemacht’: dann bin ich sofort dabei!“
Auch auf Spark of Light trifft das zu – schließlich ist es ganz klar ein Produkt der letzten Jahre. „Da war ja die Pandemie, die dann irgendwann für kompletten Stillstand gesorgt hat“, holt er aus und erzählt davon, wie er während der Lockdown-Phasen „ganz viel neue Musik erkundet“ habe. So sei er dann auch auf jene schon erwähnten jungen Kreativen aufmerksam geworden – u.a. den gebürtigen Australier Tushar Apte (BTS, Blackpink, Demi Lovato), Morgan Taylor Reid (Backstreet Boys, Shane Harper, Plug In Stereo), oder auch auf Zachary Barnett, den Frontmann der American Authors. Nicholas Petricca von Walk the Moon, Jared Lee von NBCs „American Song Contest“ (Jason Derulo, Louis the Child, Markus Schulz), der GRAMMY-Gewinner Jonas Myrin (Matt Redman, Tomlin, Streisand und Bocelli) und Robert Marvin (Adam Lambert, Matt Kearney, TobyMac, Tove Lo) zählten auch dazu. Schließlich darf man auch Justin Jesso nicht vergessen, der Bolton Jahre zuvor mal in einem Restaurant als Fan angesprochen hatte – und nun, ein Jahrzehnt und einen Kygo-Hit später, die Single „Beautiful World“ mit ihm aufnehmen sollte.
„Die Pandemie hat mich echt zum Arbeiten inspiriert“, sagt er weiter, „und durch die Zusammenarbeit mit anderen Songwritern und Produzenten wurde mir klar, wie unfassbar heiß wir alle darauf waren, endlich wieder neue Sachen zu machen. Es war extrem spannend, sogar am Anfang, als wir noch per Zoom arbeiten mussten. Plötzlich war’s wieder genauso aufregend wie früher, zusammen neue Ideen zu entwickeln und diese Songs gemeinsam zum Leben zu erwecken.“
Das Resultat vereint, so Bolton, „einige der besten Songs, an denen ich jemals mitgeschrieben und mitgearbeitet habe.“ Genau genommen ist es sogar das erste Album seiner Karriere, bei dem er an sämtlichen Songs als Co-Autor beteiligt war. Der gemeinsam mit Apte und Petricca komponierte Titelsong setzt mit seiner packenden Hook wunderbar den Ton für den ganzen Longplayer: „Wir alle fanden dieses Bild vom Spark of Light super, wir sahen darin so einen leuchtenden Punkt im Leben und in der Welt“, sagt Bolton. „Wir sprachen dann viel darüber, wie wichtig es ist, dieses Licht im eigenen Leben und um uns herum am Leben zu halten. So konnten wir ganz viel positive Energie anzapfen, und ich konnte es jedes Mal gar nicht abwarten, in der nächsten Session weiterzumachen. Hinterher haben wir viele Nächte im Studio verbracht.“ Auch das mit Jesso geschriebene „Beautiful World“ („einer meiner absoluten Lieblingssongs“) versprüht dieselbe Energie, während sich „Just the Beginning“ schon während der Sessions „in meinem Umfeld zum neuen Lieblingssong“ entwickelte, „womit auch klar war, dass wir da was ganz Besonderes an der Angel hatten …“
Auch „Whatever She Wants“, für dessen Songwriting-Session er nach Nashville gefahren ist, um dort mit den beiden Music-City-Locals Anderson East (aka Michael Cameron Anderson) und Aaron Raitiere zu arbeiten, zählt für Bolton ganz klar zu den Highlights der neuen LP: „Da hatte ich echt das Gefühl, als würde sich der Song von selbst schreiben. Manchmal passiert das einfach, wenn man die Segel gesetzt hat und auf den Wind der Inspiration wartet.“ Sie hätten zunächst einfach „herumgespielt: Michael spielte etwas am Klavier und ich sang einfach drauflos, ‘Whatever she wants…’. Wir hatten echt keinen Plan, was das werden sollte, aber dann schauten wir uns an, sagten uns, ‘Hm, wartet mal’ – und so wurde auch daraus einer meiner Lieblingssongs.“ Obwohl der Song ganz unterschiedlich interpretiert werden könne, je nach Lebenserfahrung, „ist es trotzdem ganz klar ein Song, mit dem sich einfach jede und jeder identifizieren kann, der schon ein bisschen Zeit auf diesem Planeten verbracht hat.“
Wobei das genau genommen auch auf Spark of Light als Ganzes zutrifft: Angefangen beim locker-leichten „Running Out Of Ways“ oder dem kämpferisch-selbstbewussten „Just The Beginning“ bis hin zum sehnsüchtigen „Home“ oder dem grandiosen Pop-Rundumschlag namens „Out Of The Ashes“ – all diese neuen Songs seien „aus so einer guten Grundstimmung heraus“ entstanden, und „manche davon waren echte Überraschungen. Es ist ein Album, das seine komplett eigene Dynamik entwickelt hat.“
Dass eine solche Dynamik überhaupt entsteht, sei an sich schon eine bemerkenswerte Leistung – und gewiss nichts, was Bolton als Selbstverständlichkeit betrachtet. Immerhin ist fast ein halbes Jahrhundert seit seinen Anfängen mit der Hardrock-Combo Blackjack vergangen; auch der US-Megahit „How Am I Supposed To Live Without You“, den er einst Laura Branigan auf den Leib schrieb, wird in diesem Sommer schon 40 Jahre alt – sechs Jahre später sollte er selbst damit noch mal die Charts erobern und dafür auch seinen ersten GRAMMY gewinnen. Auch die großen Comeback-Hits, die er für Cher, KISS und Barbra Streisand komponierte, erschienen genau genommen schon vor der Jahrtausendwende …
Mit Spark of Light jedoch meldet sich Michael Bolton in absoluter Bestform zurück: Er ist und bleibt ein Ausnahmesongwriter – und er ist zuversichtlich, dass ihm diese Gabe auch in Zukunft erhalten bleibt. „Das alles war und ist eine unglaubliche Reise“, sagt er abschließend, „ja, wirklich ein unfassbarer Kreativtrip. Mir ist noch mal klar geworden, was für ein riesengroßes Glück es ist, mit so vielen tollen Leuten arbeiten zu dürfen, die mich immer wieder inspirieren. Auch deshalb habe ich jetzt schon richtig große Lust aufs nächste Kapitel.“